Anfechtung einer Ausschlagung wegen Irrtums über die Erbfolge

12

Okt.
2022

Anfechtung einer Ausschlagung wegen Irrtums über die Erbfolge

erstellt von Dr. Torsten Emmerich

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Verstirbt der Erblasser ohne eine letztwillige Verfügung, z.B. ein Testament, zu hinterlassen, so gilt die gesetzliche Erbfolge. In der klassischen Familienkonstellation von Ehepaaren mit gemeinsamen Kindern bedeutet das in der Regel, dass der überlebende Ehegatte 1/2 erbt und die Kinder, mehrere zu gleichen Teilen, zusammen ebenfalls 1/2. Diese Erbfolge realisieren der hinterbliebene Ehegatte und die gemeinsamen Kinder häufig erst nach Eintritt des Erbfalles und haben dann ebenso häufig den Wunsch, dass der hinterbliebene Ehegatte zunächst einmal Alleinerbe wird. Die gemeinsamen Kinder schlagen dazu die Erbschaft aus, und zwar in der Annahme, dass sodann der hinterbliebene Elternteil Alleinerbe nach dem Erblasser würde. Das ist aber ein weitverbreiteter Irrtum, weil sich bei der gesetzlichen Erbfolge im Falle der Ausschlagung durch die gemeinsamen Kinder die Frage nach anderen gesetzlichen Erben der ersten und zweiten Ordnung stellt, also beispielsweise Enkelkinder oder aber auch Eltern bzw. Geschwister des Erblassers, die dann an Stelle der ausschlagenden Kinder erben.

Ist die Erbschaft erst einmal ausgeschlagen worden, bleibt nur noch die Möglichkeit, die Ausschlagung wegen Irrtums anzufechten. Der Irrtum über die Person desjenigen, dem die Ausschlagung der Erbschaft zugutekommt (also die Annahme der Kinder, die Ausschlagung der Erbschaft durch sie würde dem überlebenden Elternteil zugutekommen), ist aber nur ein nicht zur Anfechtung berechtigender unbeachtlicher Motivirrtum, was jüngst das OLG Hamm am 21.04.2022 und das Kammergericht am 11.07.2019 entschieden haben. Die Anfechtung der bereits erfolgten Ausschlagung ist also nicht möglich, was zur Konsequenz hat, dass der hinterbliebene Ehegatte als Miterben dann nicht die Kinder hat, sondern die gesetzlichen Erben der ersten oder zweiten Ordnung, beispielsweise die Eltern oder die Geschwister des Verstorbenen.

Die Ausschlagung einer Erbschaft sollte immer gut bedacht werden und erfordert die vorherige Inanspruchnahme eines Rates des Rechtsanwaltes.

Unsere Ansprechpartner für Erbrecht: Rechtsanwalt und Notar Dr. Torsten Emmerich und Rechtsanwältin Claudia Arndt.