Corona und Miete: Vertragsanpassung nicht immer möglich

07

Dez.
2022

Corona und Miete: Vertragsanpassung nicht immer möglich

erstellt von Jan-Hendrik Thomsen

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Zu Beginn diesen Jahres – dem Beginn des dritten „Coronajahres“ - hat der BGH am 12.01.2022 entschieden, dass eine coronabedingte staatliche Geschäftsschließung zwar grundsätzlich geeignet sein könne, einen Mietmangel und damit eine Mietminderung zu begründen. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang stehe. Dies sei dann nicht der Fall, wenn das Mietobjekt weiterhin für den tatsächlichen Nutzungszweck zur Verfügung stünde. Das Vorliegen eines Mietmangels ergebe sich nicht bereits aus dem vereinbarten Mietzweck der Räumlichkeiten zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts.
 
Allerdings komme eine Anpassung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht. Diese berechtige jedoch nicht pauschal zu einer bestimmten Vertragsanpassung. Eine Einzelfallbewertung müsse erfolgen. Insbesondere müssten auch erhaltene finanzielle Hilfsmittel in die Bewertung einfließen.
 
Das OLG Düsseldorf hatte sich in seinem Urteil vom 20.09.2022 erneut mit den Folgen der Coronapandemie auf das Gewerbemietrecht zu beschäftigen. Zunächst schloss sich das OLG Düsseldorf vollumfänglich den Ausführungen des BGH an. Auch in dem vom OLG zu entscheidenden Fall verneinte das OLG Düsseldorf das Vorliegen eines Mietmangels.

In dem streitgegenständlichen Mietverhältnis vereinbarten die Mietvertragsparteien im Mai 2022 in einem Nachtrag u.a. den Erlass für einen zurückliegenden und den damals aktuellen Monat Mai und verständigten sich darauf, dass die Miete im Anschluss ab Juni bis September 2020 um 50 % reduziert würde. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien eine langfristige Verlängerung des Mietverhältnis und eine Mehrwertsteuerreduzierung ab 2021. Ab Dezember 2020 bis Anfang März 2021 waren die Räumlichkeiten der Mieter aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen. Im restliche März 2021 konnte die Mieterin unter Auflagen in Ihrem Ladengeschäft verkaufen. Die Mieterin zahlte daraufhin die Mieten für Januar und Februar 2021 nicht. Sie war der Meinung die Miete aufgrund der Schließungen mindern zu können. Die Vermieterin forderte die Mieterin zur Zahlung der rückständigen Mieten auf, da durch die Schließungen kein Mietmangel begründet sei. Die Mieterin zudem keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil bei Abschluss des Nachtrages im Mai 2020 die Pandemie und deren Folgen hinreichend und auch der Beklagten bekannt gewesen sein.

Das OLG Düsseldorf gab der Vermieterin recht. Die Einschränkungen beruhten nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache, sodass kein Mietmangel angenommen werden könne. Die Einschränkungen knüpften vielmehr an den Geschäftsbetrieb mit dem sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des Coronavirus beschränkt werden sollte.
 
Die Regelungen des Nachtrags wurden unstreitig auf die durch die Coronapandemie erfolgten Einschränkungen und damit einhergehenden Umsatzeinbußen bei Mieterin ausgerichtet. Die Parteien wussten zum Zeitpunkt der Verhandlungen um die Gefahr, dass aufgrund hoheitlicher Beschränkungen Geschäftsschließungen erfolgen bzw. Zugangsbeschränkungen mit strengen Hygienemaßnahmen angeordnet werden könnten, zumal diese zeitlich unmittelbar vorausgehend bereits erfolgt waren. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronasituation waren somit Gegenstand der Vertragsverhandlungen. Damit lagen die Voraussetzungen für eine spätere Störung der Geschäftsgrundlage gemäß des Nachtrages zeitlich nicht mehr vor. Gemäß des Nachtrages und der daraus folgenden Wertung hatte die Mieterin keinen Anspruch auf eine Berücksichtigung zukünftiger Pandemiefolgen, da sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum Nachtrag bereits abzeichnete, dass die Coronapandemie auch ab September 2020 voraussichtlich noch nicht überwunden sein würde, wie das Gericht ausführte. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage konnte aufgrund des Nachtrages nicht mehr durch die Mieterin begründet werden.

Die Entscheidung zeigt, wie sorgsam Vertragsgestaltungen respektive Nachtragsgestaltungen zu Mietverträgen erfolgen sollten, wenn man sich später keine Ansprüche oder Rechte abschneiden will.

Unsere Ansprechpartner für gewerbliches Mietrecht: Rechtsanwälte Jan-Kai Jensen und Jan-Hendrik Thomsen.