Der Corona-Virus und seine Folgen auf die Bauwirtschaft

23

Mär.
2020

Der Corona-Virus und seine Folgen auf die Bauwirtschaft

erstellt von Jan-Hendrik Thomsen

Derzeit dürfen Bauunternehmen ihre Tätigkeit noch ohne branchenspezifische Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus ausüben, wenn sie nicht durch einen „Quarantänefall“ im Unternehmen betroffen sind. Doch welche Folgen kommen auf Bauunternehmen zu, wenn sie von dem Corona-Virus – gleich wie – beeinträchtigt werden? Was ist wenn der Unternehmer das Haus oder seine Leistung nicht mehr rechtzeitig zum vereinbarten Zeitpunkt fertigstellen kann?
 
Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren, so § 6 Vob/B. Die Folge kann eine Verlängerung der Ausführungsfristen und eine damit einhergehende Suspendierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafen sein.

Ausführungsfristen können sich insbesondere dann verlängern, wenn für den Unternehmer unabwendbare Umstände bestehen oder ein Fall der „höheren Gewalt“ gegeben ist, wie ihn § 6 Abs.2 Nr.3 1. Alt. Vob/B benennt. Die „unabwendbaren Ereignisse und die höhere Gewalt“ werden auch in § 7 im Zusammenhang mit der Gefahrenverteilung für die Parteien angeführt. „Ereignisse im Sinne des § 7 Abs. 1 VOB/B (sind) unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretene Umstände, die nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können.“(Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 7. Aufl. 2020, VOB/B § 7 Rn. 62-65). Die weltweite Ausbreitung von COVID-19 wurde am 11.03.2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt. Diese Gefährdung variiert aber von Region zu Region. (Quelle: Robet-Koch-Institut). Spätestens mit dieser Qualifizierung dürfte ein unabwendbares Ereignis bzw. der spezielle Fall der höheren Gewalt gegeben sein.

Dennoch sollten diese Umstände unverzüglich dem Auftraggeber angezeigt werden, wenn eine Behinderung durch coronabedingte Umstände eintritt. Natürlich müssen auch in diesen Fällen etwaig zu solchen Fällen getroffene vertragliche Regelungen berücksichtigt und erforderlichenfalls auf Ihre Wirksamkeit geprüft werden.

Welche finanziellen Konsequenzen haben die coronabedingten Verzögerungen und die Verlängerung der Ausführungsfristen?

Die finanziellen Auswirkungen höherer Gewalt oder unabwendbarer Umstände trägt ebenso wie bei § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. B jede Partei selbst. (Kapellmann/Messerschmidt/Markus, 7. Aufl. 2020, VOB/B § 6 Rn. 28). Schadensersatzansprüche oder Vertragsstrafen werden grundsätzlich suspendiert, es sei denn dem Unternehmer kann in dieser Situation gleichwohl ein Verschulden angelastet werden. Dann haftet der Unternehmer.

Welche Auswirkungen hat eine solche Situation auf den Bestand des Vertragsverhältnisses?

Grundsätzlich haben diese Verzögerungen außer den faktischen, wie z.B. die spätere Fertigstellung der Arbeiten, auf den Bestand des Vertrages keine Auswirkungen. Der Auftragnehmer hat alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Sobald die hindernden Umstände wegfallen, hat er ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon zu benachrichtigen. Es geht also weiter.

Dauert die Unterbrechung aber länger als 3 Monate haben beide Vertragsparteien gemäß § 6 Abs.7 Vob/B die Möglichkeit das Vertragsverhältnis zu kündigen. Ob dies in der aktuellen Situation aber tatsächlich helfen würde dürfte fraglich sein. Auch kann ggfs. eine Anpassung des Vertrages bzw. der Ausführungsfristen gemäß den Grundsätzen des Wegfalls des Geschäftsgrundlage einschlägig sein mit der letzten möglichen Konsequenz einer Beendigung sein. Die Anforderungen sind jedoch hoch.

Vorsicht ist geboten, wenn in der aktuellen Situation mit dieser Rechtfertigung im Rücken leichtfertig Aufträge angenommen oder vergeben werden. Wer in der Kenntnis der aktuellen Lage Aufträge vergibt oder aber annimmt dürfte sich mit fortschreitender Zeit immer weniger auf eine unvorhersehbare Lage berufen können.

Der Einzelfall ist ausgehend von der vertraglichen Lage zu prüfen. Wir sind Ihnen behilflich.

Unser Ansprechpartner für Baurecht: Rechtsanwalt Jan-Hendrik Thomsen.