Jan.
2024
Eigenbewegung in der Unfallversicherung
Die private Unfallversicherung leistet, wenn eine versicherte Person durch einen Unfall verletzt wird. Zentrale Leistung ist die sogenannte Invaliditätsleistung bei Dauerschäden. Auslöser der Verletzung muss ein Unfall sein, der in den Versicherungsbedingungen durchweg gleichlautend als ein plötzlich von außen einwirkendes Ereignis definiert wird. Der klassische Verkehrsunfall erfüllt diese Voraussetzungen. Viel häufiger kommt es zu Unfällen indessen beim Sport oder bei der Hausarbeit, ohne dass eine andere Person für den Unfall verantwortlich ist. Auch hier gibt es eindeutige Fälle, etwa wenn jemand stürzt. Schwieriger ist es bei Verletzungen, die nur durch eine bestimmte Bewegung ausgelöst werden.
So hatte das LG Amberg im Jahr 2021 einen Fall zu entscheiden, bei dem sich die versicherte Person eine Fraktur der Lendenwirbelsäule zugezogen hatte. Die versicherte Person gab an, gemeinsam mit einer Freundin einen Tisch auf einem Rollteller transportiert zu haben. An einer Stufe habe sie den rollt Teller entfernen wollen und dann beim Absetzen des Rolltellers einen Schmerz im Rücken verspürt. Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass eine solche Eigenbewegung keine äußere Einwirkung im Sinne der Versicherungsbedingungen darstelle. Es komme darauf an, ob die Bewegung willensgesteuert gewesen sei oder ein Umstand hinzu getreten sei, der dieser Bewegung eine andere Richtung gegeben habe, die der Betroffene nicht gewollt habe. Ein bedingungsgemäßer Unfall setze die irreguläre Unterbrechung eines normalen Ablaufs der Eigenbewegung voraus. Eine solche Unterbrechung konnte das Landgericht in dem Fall nicht feststellen.
In den meisten Versicherungsbedingungen wird eine "erhöhte Kraftanstrengung" dem Unfall gleichgestellt. Damit besteht Versicherungsschutz zunächst einmal auch für planmäßig verlaufende Eigenbewegungen, wenn sie unter erhöhter Kraftanstrengung erfolgen. Die Bedingungsklauseln fordern jedoch regelmäßig zusätzlich den Eintritt einer bestimmten körperlichen Folge, wodurch die Fälle, in denen für eine Eigenbewegung Versicherungsschutz besteht, wieder stark eingeschränkt werden. Gefordert wird in der Regel, dass durch die Kraftanstrengung ein Gelenk an Gliedmaßen oder der Wirbelsäule verrenkt oder Muskeln, Sehnen, Bändern oder Kapseln an Gliedmaßen oder der Wirbelsäule gezerrt werden oder reißen. Meniskus und Bandscheiben werden ausdrücklich ausgenommen.
Im Fall des LG Amberg bejahte das Gericht zwar eine erhöhte Kraftanstrengung, verneinte aber trotzdem den Anspruch auf eine Versicherungsleistung, weil der als Folge aufgetretene Bruch der Lendenwirbelsäule nicht zu den Folgen gehöre, für die bei "erhöhter Kraftanstrengung" Versicherungsschutz besteht.
Unser Ansprechpartner für Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.