Gaskrise 2022: Wann und wie muss der Vermieter heizen?

14

Nov.
2022

Gaskrise 2022: Wann und wie muss der Vermieter heizen?

erstellt von Jan-Kai Jensen

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Viele Mieter fragen sich, wann die Heizung laufen und wie warm es in der Wohnung werden muss.

Die Heizkosten bezahlt in einer Mietwohnung üblicherweise der Mieter. Sie werden jedoch über den Vermieter abgerechnet. Für Mieter ist es vorteilhaft, wenn beim Umgang mit der Heizung wirtschaftlich vernünftig gearbeitet wird. Weil Menschen jedoch ganz unterschiedliche Wohlfühltemperaturen haben, führen eine zu schwache Heizleistung oder eine zu starke Nachtabsenkung zwischen Vermietern und Mietern immer wieder zum Streit.

In Anbetracht der Tatsache, dass aufgrund der Gaskrise und der massiv gestiegenen Energiekosten Sparen in dieser Zeit jedoch ganz besonders angezeigt ist, fragen sich viele Mieter, wann und wie der Vermieter heizen muss.

Wann muss der Vermieter grundsätzlich heizen?

Vermieter sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) dazu verpflichtet, ihren Mietern eine gebrauchsfähige Wohnung zur Verfügung zu stellen. Diese muss natürlich auch beheizbar sein. Nach überwiegender Ansicht der Gerichte dauert die sogenannte Heizperiode etwa vom 1. Oktober bis zum 1. Mai eines Jahres. Allerdings richtet sich das Wetter nicht nach Terminplänen oder Kalendermonaten. Die Heizperiode ist daher nicht gesetzlich festgelegt.  Auch gibt es keine gesetzlich festgelegten Mindesttemperaturen für Mietwohnungen. Für Mietwohnungen sind daher die Urteile der Gerichte maßgeblich. Diese allerdings sind nicht einheitlich.

Wie warm muss eine Wohnung normalerweise mindestens sein?

Viele Gerichte haben entschieden, dass in einer Mietwohnung tagsüber eine Mindesttemperatur von 20-22 °C möglich sein muss. Bei Nacht, also zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr, sind mindestens 18 °C ausreichend. Manche Gerichte lassen hier 17 °C geltend. Tiefe Temperaturen sind - zu normalen Zeiten - allerdings ein Sachmangel der Mietwohnung und können in der kalten Jahreszeit eine Mietminderung rechtfertigen. Zum Teil staffeln die Gerichte Heiztemperaturen auch nach unterschiedlichen Räumen. Vereinbarungen niedrigerer Mindesttemperaturen in Mietverträgen sind in der Regel unwirksam.

Welche Regeln gelten für die Nachtabsenkung?

Der Vermieter darf eine Nachtabsenkung vornehmen. Er muss nicht 24 Stunden am Tag eine Temperatur von mindestens 20-22 °C garantieren. Gerichtsurteilen zufolge reicht es vielmehr aus, wenn diese Temperatur am Tag zwischen 6:00 und 23:00 Uhr erreicht wird. Bei Nacht darf der Vermieter die Heizung so weit herunterregeln, dass die Wohnungen mit 18 °C beheizt werden können. Der Vermieter muss wirtschaftlich handeln - auch beim Heizen. Allerdings ist er nicht zu einer Nachtabsenkung verpflichtet. Es ist ausreichend, wenn die Mieter selbst in ihren jeweiligen Wohnungen die Temperatur individuell einstellen können.

Welche Nachteile hat eine zu starke Nachtabsenkung?

Die Nachtabsenkung muss genau das Gebäude abgestimmt sein, etwa auf dessen Wärmedämmung. Denn, je besser eine Wohnung gedämmt ist, desto weniger Feuchtigkeit entweicht nach außen. In einer Wohnung entsteht Luftfeuchtigkeit über den Atem, das Kochen, das Duschen, das Wäschewaschen und über Zimmerpflanzen. Warme Luft nimmt diese Feuchtigkeit auf. Kühlt sie ab, gibt sie die Feuchtigkeit wieder an die Umgebung ab. Die Feuchtigkeit kondensiert und schlägt sich auf Fenstern, Wänden, Böden und Möbel nieder. Wird die sogenannte Taupunkttemperatur unterschritten, kann die Raumluft keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen.

Das heißt: Wird es nachts zu kalt, entsteht in der Wohnung zu viel Feuchtigkeit. Die Folge ist Schimmelbildung. Schimmelpilz kann nicht nur zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern führen, sondern auch die Bausubstanz erheblich schädigen. Und die fachmännische Beseitigung von Schimmelpilz ist teuer.

Die entsprechenden Temperaturgrenzen unterscheiden sich von Wohnung zu Wohnung. Bei einer Temperatur von unter 17 °C nachts ist allerdings das Risiko deutlich erhöht, dass ich zu viel Feuchtigkeit niederschlägt und hinter Wandverkleidungen, Tapeten oder Schränken unbemerkt Schimmel entsteht.

Wann darf der Mieter die Miete mindern?

Wenn die Raumtemperaturen unter die genannten Werte sinken, liegt ein Sachmangel der Mietwohnung vor. Dann dürfen die Mieter die Miete mindern. Allerdings sollten Sie zunächst dem Vermieter den Missstand anzeigen, damit dieser die Möglichkeit zur Abhilfe hat. Ohne eine solche Mängelanzeige nämlich erlischt das Recht auf Mietminderung. Auch kann der Mieter sich schadensersatzpflichtig machen, wenn es zu Folgeschäden kommt, z.B. zu einem Frostschaden an Rohren nach einem Heizungsausfall. Weil Mieter nur bei erheblichen Mängeln berechtigt sind, die Miete zu mindern, müssen die niedrigen Temperaturen zudem von einer gewissen Dauer sein.

Haben Mieter eine gesetzliche Heizpflicht?

Nein, eine gesetzliche Heizpflicht Vermieter gibt es nicht. Allerdings sind Mieter aus dem Mietvertrag auch ohne ausdrückliche Erwähnung dazu verpflichtet, sorgsam mit der von Ihnen gemieteten Wohnung umzugehen und Schäden möglichst zu vermeiden. Deswegen müssen sie auch dafür sorgen, dass es in der Wohnung warm genug ist, um Frostschäden an Heizungs- und Wasserrohren und Schimmel zu verhindern. Wer also ständig nachts die Heizung ausschaltet, um Heizkosten zu sparen, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann die Schimmelsanierung der von ihm gemieteten Wohnung zu bezahlen hat. Mieter können hier gegenüber ihrem Vermieter schadensersatzpflichtig sein. Schimmelvorsorge bedeutet auch ausreichendes Lüften, am besten mehrmaliges Stoßlüften am Tag mit ganz geöffneten Fenstern.

Ausblick

Einige große Wohnungsunternehmen (z.B. Vonovia) haben bereits angekündigt, die Heiztemperaturen im Winter nachts auf 17° C zu senken. Eine solche Absenkung würde sich noch im Rahmen dessen bewegen, was zumindest einige Gerichte bisher für rechtlich zulässig hielten. Mehr ist jedoch ohne weiteres nicht möglich, jedenfalls nicht ohne eine gesetzliche Regelung. Ob eine solche kommt, ist unklar, insbesondere auch unter Berücksichtigung der für die Bausubstanz zu befürchtenden Nachteile aber auch nicht wahrscheinlich.

Unser Ansprechpartner für Mietrecht: Rechtsanwalt Jan-Kai Jensen.