Haftpflichtversicherer: Keine Vertretung des Versicherungsnehmers vor Gericht

16

Feb.
2023

Haftpflichtversicherer: Keine Vertretung des Versicherungsnehmers vor Gericht

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

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Die Haftpflichtversicherung schützt vor der Inanspruchnahme durch Dritte. Erhebt jemand Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer, ist der Haftpflichtversicherer verpflichtet, entweder den Anspruch abzuwehren oder den Anspruch zu befriedigen. Die Entscheidung, ob der Anspruch abgewehrt oder befriedigt wird, trifft der Haftpflichtversicherer. Dabei hat er ein Ermessen, dass der Versicherungsnehmer gegebenenfalls auch akzeptieren muss, selbst wenn ihm die Entscheidung nicht gefällt.

Entschließt sich der Haftpflichtversicherer dazu, den Anspruch abzuwehren, hat er nach dem Versicherungsvertrag auch das Recht zu entscheiden, welche Verteidigungsmaßnahmen ergriffen werden. So gehört es zu den Befugnissen des Haftpflichtversicherers, für den Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt auszuwählen, der die Vertretung zur Abwehr des geltend gemachten Anspruchs übernimmt. Der Versicherungsnehmer darf sich zusätzlich einen eigenen Rechtsanwalt nehmen. Die Kosten muss er dann aber selbst tragen.

Die Befugnisse des Haftpflichtversicherers gehen aber nicht so weit, dass er berechtigt ist, den Versicherungsnehmer selbst vor Gericht zu vertreten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom März 2022 auf der Grundlage eines Verstoßes gegen den lauteren Wettbewerb festgestellt. Der in dem Verfahren beklagte Haftpflichtversicherer hatte für seinen Versicherungsnehmer Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid eingelegt und damit die rechtliche Vertretung des Versicherungsnehmers in einem Zivilprozess übernommen. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte ein Rechtsanwalt das als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen die Vertretungsvorschriften in der Zivilprozessordnung (ZPO) gerügt.

Der BGH hat festgestellt, dass die Zivilprozessordnung eine Marktverhaltensregel enthält, die im Wettbewerbsrecht zu beachten ist. Der Versicherer habe gegen diese Regel verstoßen, nach der nur bestimmte Personen befugt seien, die Prozessvertretung anderer zu übernehmen. Zur Vertretung berechtigt sind insbesondere Rechtsanwälte, aber auch Mitarbeiter eines an dem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens oder Familienangehörige eines Beteiligten. Ein Haftpflichtversicherer zählt jedoch nicht zu den Personen, die eine Vertretung übernehmen dürften. Der BGH verneint in seinem Urteil auch die Möglichkeit einer analogen Anwendung der Berechtigung, weil der Haftpflichtversicherer nicht mit solchen Personen vergleichbar sei, für die eine Prozessvertretung nach der ZPO zulässig sei.

Unser Ansprechpartner für Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.