Haftung des Versicherers für unsinnnige Versicherung

08

Feb.
2024

Haftung des Versicherers für unsinnnige Versicherung

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

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Soll ein Versicherungsvertrag abgeschlossen werden, ist der Versicherer dazu verpflichtet, den Versicherungsnehmer zu beraten. Der Versicherungsbedarf des Versicherungsnehmers muss ermittelt und ihm ein geeignetes Versicherungsprodukt angeboten werden. In der Regel dokumentiert der Versicherer diese Beratung durch ein Beratungsprotokoll.

Kommt der Versicherer seiner Beratungspflicht nicht nach, kann das zu Ansprüchen des Versicherungsnehmers auf Schadensersatz führen. Das betrifft vor allem Fälle, in denen ein Risiko, dass der Versicherungsnehmer versichern wollte, durch den Versicherungsvertrag nicht abgedeckt wird. Dann können sich im Versicherungsfall Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer zwar nicht aus der abgeschlossenen Versicherung, jedoch aus der Verletzung der Beratungspflicht ergeben.

Dass der Versicherer dabei nicht nur für Versicherungslücken einzustehen hat, sondern auch im Falle einer unsinnigen Versicherung, hat das Landgericht (LG) Marburg in einem Urteil aus dem Juni 2022 entschieden. Der Versicherungsnehmer hatte knapp EUR 43.000,00 aus einer Lebensversicherung ausgezahlt bekommen – im Alter von 68 Jahren. An den Versicherer hatte er den Wunsch herangetragen, die ausgezahlte Summe noch für einige Zeit anzulegen. Der Versicherer veranlasste den Versicherungsnehmer daraufhin, eine Rentenversicherung abzuschließen, die ihm ab dem 71. Lebensjahr eine Rente von rund EUR 170,00 im Monat zahlen sollte mit einer Rentengarantiezeit von 20 Jahren. Ein Wahlrecht für eine Kapitalabfindung der Rente – Auszahlung von rund EUR 44.000,00 - gab es nach den Versicherungsbedingungen nur bis drei Monate vor Rentenbeginn. Diese Frist versäumte der Versicherungsnehmer, und der Versicherer weigerte sich, die Kapitalsumme zu leisten.

Das LG Marburg war der Auffassung, dass der Versicherer sich schadensersatzpflichtig gemacht habe und deshalb die Kapitalsumme zahlen müsse. Der Versicherer habe den Bedarf des Versicherungsnehmers gekannt, das Geld für einige Zeit anzulegen. Eine Auszahlung in monatlichen Rentenbeträgen über einen Zeitraum von 20 Jahren sei dem Versicherungsnehmer nicht zumutbar, da ungewiss sei, ob er überhaupt das Lebensalter erreiche, zu dem das Kapital dann ausgezahlt sei. Mit der Wahl eines solchen Versicherungsprodukts habe der Versicherer seine Beratungspflichten verletzt und müsse den Kläger so stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung stünde. Dann wäre eine Versicherung ohne Beschränkung des Kapitalwahlrechts abgeschlossen worden, so dass der Versicherer die Kapitalsumme auszuzahlen habe.

Unser Ansprechpartner für Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring