Handelsvertreter: Kein Ausgleich bei Wechsel von Unter- zu Hauptvertretung

29

Mär.
2023

Handelsvertreter: Kein Ausgleich bei Wechsel von Unter- zu Hauptvertretung

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

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Die wesentliche Aufgabe des Handelsvertreters besteht darin, für den Geschäftsherrn Kundenkontakte herzustellen und Geschäfte zu vermitteln. Für die Vermittlung dieser Geschäfte erhält der Handelsvertreter eine Provision. Endet die Tätigkeit des Handelsvertreters für einen Geschäftsherrn, verbleiben dem Geschäftsherrn in der Regel die vom Handelsvertreter hergestellten Kundenkontakte. Nach der europäischen Handelsvertreterrichtlinie hat der Geschäftsherr diesen Vorteil bei Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Handelsvertreter durch eine Abfindung auszugleichen. Dadurch soll der Handelsvertreter auch dafür entschädigt werden, dass ihm zukünftig die Möglichkeit entgeht, weitere Geschäfte an die von ihm geworbenen Kunden zu vermitteln und dadurch Provisionen zu verdienen.

Geschäftsherr eines Handelsvertreters kann auch ein Handelsvertreter sein. Es entsteht dann ein gestaffeltes Handelsvertreterverhältnis mit einem Hauptvertreter und einem Untervertreter. Der Untervertreter hat bei Beendigung seiner Tätigkeit einen Anspruch auf Ausgleich gegenüber seinem Geschäftsherrn, dem Hauptvertreter. Wenn der Hauptvertreter seine Tätigkeit beendet, ist der Untervertreter an dem Ausgleich zu beteiligen, den der Hauptvertreter vom Unternehmer erhält.

Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einem Urteil vom 13.10.2022 allerdings entschieden, dass ein solcher Ausgleichsanspruch nicht besteht, wenn der bisherige Untervertreter die Tätigkeit des ausgeschiedenen Hauptvertreters als nunmehriger Hauptvertreter fortsetzt. Der Entscheidung lag ein Fall aus Belgien zugrunde. Der Hauptvertreter hatte seine Tätigkeit für den Unternehmer beendet und eine Abfindung als Ausgleich erhalten. Der Untervertreter wurde zum neuen Handelsvertreter des Unternehmens, verlangte gleichwohl einen angemessenen Anteil an der Abfindung, die der bisherige Hauptvertreter erhalten hatte. Seine Klage hatte in erster Instanz Erfolg. In zweiter Instanz wurde sie abgewiesen.

Der belgische Kassationshof legte den Fall dem EuGH vor, der entschied, dass in dieser Fallkonstellation kein Ausgleichsanspruch bestehe und folglich keine Abfindung zu leisten sei. Der bisherige Untervertreter habe im Ergebnis seinen Kundenstamm behalten und damit weiterhin die Möglichkeit, mit den geworbenen Kunden weiterhin Provisionen zu verdienen. Der typische Schaden durch Verlust eben dieser Möglichkeit, der durch den Ausgleichsanspruch ausgeglichen werden solle, sei ihm nicht entstanden.

Unser Ansprechpartner für Internationales Wirtschaftsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.