Kfz-Diebstahl: Dem Ehepartner darf man vertrauen

20

Sep.
2023

Kfz-Diebstahl: Dem Ehepartner darf man vertrauen

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

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In der Teilkaskoversicherung ist das Fahrzeug unter anderem gegen Entwendung versichert. Für rechtliche Streitigkeiten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer aus Entwendungsfällen gelten viele Besonderheiten, weil die Beweisführung für den Versicherungsnehmer regelmäßig schwierig ist. In den seltensten Fällen wird die Entwendung von jemandem beobachtet, und auch der Dieb steht nicht als Zeuge zur Verfügung.

Mit einer besonderen Konstellation hatte sich das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 23.01.2023 zu befassen. Die Entwendung eines Wohnmobils war vom Versicherer nicht bestritten worden. Es hatte sich aber herausgestellt, dass der Versicherungsnehmer seine Ehefrau gebeten hatte, den im Wohnmobil liegenden Fahrzeugschlüssel mitzubringen. Diese Bitte hatte die Ehefrau nicht richtig verstanden. Sie hatte den Schlüssel im Wohnmobil liegen gelassen und das Wohnmobil beim Verlassen nicht verschlossen. Der Versicherungsnehmer hatte nicht kontrolliert, ob die Ehefrau seiner Bitte entsprochen hatte. Der Versicherer stellte sich auf den Standpunkt, dass der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt habe und kürzte die Entschädigung um zwei Drittel.

Nach den gesetzlichen Regelungen ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung zu kürzen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Das Zurücklassen des Fahrzeugschlüssels im nicht abgeschlossenen Fahrzeug wird dabei regelmäßig die Voraussetzungen für ein grob fahrlässiges Herbeiführen des Versicherungsfalls erfüllen. Die Besonderheit im Fall des OLG Hamm bestand jedoch darin, dass es nicht der Versicherungsnehmer selbst war, der den Schlüssel im Fahrzeug zurückgelassen hatte, sondern seine Ehefrau. Der Versicherungsnehmer hatte die Problematik der Schlüssel durchaus gesehen und seine Ehefrau gebeten,den Schlüssel mitzubringen. Einen Vorwurf konnte man den Versicherungsnehmer deshalb nur dahin machen, dass er es versäumt hatte zu kontrollieren, ob seine Ehefrau der Bitte Folge geleistet. In dem Ausbleiben einer solchen Kontrolle sah das OLG Hamm indessen keine grobe Fahrlässigkeit. Es sei üblich, dass Ehegatten einander vertrauten. Grobe Fahrlässigkeit liege nur vor, wenn jemand gegen Regeln verstoße, die jedermann einleuchten müssten. Die Anwendung des üblichen Vertrauens zum Ehegatten sei kein Regelverstoß. Zwar könne es Umstände geben, unter dass unter Eheleuten übliche Vertrauen Vertrauen nicht gerechtfertigt sei. Anhaltspunkte dafür müsse jedoch der Versicherer vortragen, der die Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers trage. Solche Anhaltspunkte hatte der Versicherer Fall des OLG Hamm nicht vorgebracht.

Das OLG Hamm befasst sich in seiner Entscheidung darüber hinaus mit der Frage, ob ein eventuelles grob fahrlässiges Verhalten der Ehefrau, die das Wohnmobil unter Zurücklassung des Schlüssels und ohne Verschließen des Fahrzeugs verlassen hatte, dem Versicherungsnehmer zuzurechnen sei. Dabei ist anerkannt, dass nicht nur das Verhalten des Versicherungsnehmers selbst Auswirkungen auf die Versicherungsleistung haben kann, sondern auch das Verhalten eines sogenannten Repräsentanten. Als Repräsentant gilt im Versicherungsrecht derjenige, der die Obhut über die versicherte Sache wie ein Versicherungsnehmer ausübt. Die Tatsache allein, dass die Ehefrau das Fahrzeug neben den Versicherungsnehmer nutzte, genügt nach Auffassung des OLG Hamm jedoch nicht für die Annahme einer Repräsentantenstellung.

Unser Ansprechpartner für Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.