Kuriose Themen des Gewerberaummietrechts

24

Mai.
2023

Kuriose Themen des Gewerberaummietrechts

erstellt von Jan-Hendrik Thomsen

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Das OLG Frankfurt hatte sich in einer Entscheidung vom 18.04.2023 mit einigen kuriosen Aspekten des Gewerberaummietrechts zu befassen. Die Leitsätze der Entscheidung lassen darauf schließen, dass das Mietverhältnis stark zerrüttet gewesen sein muss. Die Leitsätze des Urteils lauten:

1. Sonnt sich der Vermieter unbekleidet auf dem Grundstück, so wird hierdurch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt, wenn keine gezielte Einwirkung beabsichtigt ist.
2. In der Überlassung einer exakten Aufmaß- oder Planungszeichnung der Mietsache vor Mietbeginn liegt keine Zusicherung der Größe der Mieträume, wenn die Parteien durch eine ca.-Angabe im Mietvertrag klarstellen, dass der Vermieter gerade nicht für die Flächengröße einstehen will.
3. Die Flächengröße einer zu gewerblichen Zwecken vermieteten Wohnung kann, soweit der Mietvertrag hierauf verweist, sowohl entsprechend der Wohnflächenverordnung als auch nach der GIF MF/G in Verbindung mit der DIN 277-1 ermittelt werden.
4. Küchengerüche im Treppenhaus einer sowohl zu Wohnzwecken als auch gewerblich genutzten Immobilie sind i.d.R. als sozial adäquate Belästigung hinzunehmen.
5. Straßenbauarbeiten, die in der Regel als Umweltmangel hinzunehmen sind und dem Verwendungsrisiko des gewerblichen Mieters unterfallen, können als Mangel zu einer Minderung führen, wenn das besondere Ambiente und die Lage der Immobilie Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden ist und deshalb ein erheblich über der ortsüblichen Miete liegender Preis vereinbart wurde (hier: Jugendstilvilla im Frankfurter Westend).
6. Das Vorliegen einer inhaltlich richtigen Abrechnung ist nicht Fälligkeitsvoraussetzung für eine Betriebskostennachforderung; dies gilt auch soweit unzulässsigerweise Sollvorauszahlungen eingestellt worden sind und die Abrechnung später korrigiert wird.
7. Bei der Umlage nicht verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach Mietfläche kann der gewerbliche Mieter ohne Belegeinsicht die angefallenen Gesamtkosten nicht einfach bestreiten. Gleiches gilt für das Bestreiten der Gesamtfläche, wenn das Gebäude keine architektonischen Besonderheiten aufweist.
(OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.2023 - 2 U 43/22)

In der ausführlichen Entscheidung des OLG Frankfurt, die im Umfang fast Buchstärke erreicht, hatte sich das Gericht mit diversen immer wieder virulent werdenden Streitthemen des (Gewerberaum-)mietrechts auseinanderzusetzen, wenngleich die Ziffer 1. doch einen „sehr eigenen“ Entscheidungsgegenstand hat, mit dem sich aber bereits auch das Reichsgericht vor langem zu beschäftigen hatte. Die Entscheidung behandelt u.a. vorvertragliche Äußerungen zum Mietgegenstand und inwiefern diese Inhalt des Vertrages werden, Streitigkeiten zu Mietmängeln in verschiedenen Ausgestaltungen wie Mängel des Mietgegenstandes selbst, sog. Umweltmängel oder aber sozialadäquate und hinzunehmende Beeinträchtigungen, die im Ergebnis keine Mängel darstellen. Ein Klassiker der immer wieder streitigen Flächenberechnung in den unterschiedlichen Mietvertragsarten und verschiedentlich Abrechnungsthemen sind ebenfalls Gegenstand der Entscheidung.

Wenn die Parteien in einem Mietverhältnis über derart viele Themen streiten ist dies häufig Folge unzureichender mietvertraglicher Regelungen oder das Versäumnis der Parteien früher einzelne streitige Punkte klärend auszuräumen. Es empfiehlt sich, von vornherein sinnvolle und Streit vermeidende Vertragsabreden zu treffen.

Unsere Ansprechpartner für gewerbliches Mietrecht: Rechtsanwälte Jan-Kai Jensen und Jan-Hendrik Thomsen.