Privates und /oder notarielles Nachlassverzeichnis?

24

Aug.
2022

Privates und /oder notarielles Nachlassverzeichnis?

erstellt von Dr. Torsten Emmerich

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Ein Pflichtteilsberechtigter hat gegen den Erben einen Anspruch auf Erteilung eines Nachlassverzeichnisses, um sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruches zu verschaffen. § 2314 BGB gewährt dem Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Erteilung eines privaten Nachlassverzeichnisses durch den Erben und /oder eines notarielles Nachlassverzeichnis. Beide Verzeichnisse sind wesensgleich. Deshalb können Pflichtteilsberechtigte beide Ansprüche nach § 2314 Abs. 1 BGB in beliebiger Reihenfolge nacheinander oder nebeneinander geltend machen.

Ist aber ein notarielles Nachlassverzeichnis gefordert und erteilt worden, kann nach Auffassung des OLG Celle (OLG Celle, 17.03.2022, 6 U 67/21) ein privates Nachlassverzeichnis anschließend nicht mehr gefordert werden. Ein solches Verlangen ist rechtsmissbräuchlich und es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis. Dies gilt auch, wenn ein notarielles Nachlassverzeichnis zwar noch nicht vorliegt, aber ein vollstreckbares Urteil auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erwirkt worden ist. Da dem notariellen Nachlassverzeichnis die größere Gewähr seiner Richtigkeit innewohnt, ist in diesen Fällen das Verlangen nach einem privates Nachlassverzeichnis rechtsmissbräuchlich und es fehlt an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Unsere Ansprechpartner für Erbrecht: Rechtsanwalt und Notar Dr. Torsten Emmerich und Rechtsanwältin Claudia Arndt.