Rechtsschutzversicherer darf Rechtschutzfall nicht erschweren

11

Aug.
2021

Rechtsschutzversicherer darf Rechtschutzfall nicht erschweren

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

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In der Rechtsschutzversicherung besteht Versicherungsschutz, wenn ein Rechtsschutzfall eingetreten ist. Für den Rechtsschutzfall wiederum kommt es auf einen Verstoß gegen Rechtspflichten an - entweder durch einen anderen mit der Folge, dass dem Versicherungsnehmer dadurch Ansprüche zustehen oder in Gestalt der Behauptung eines anderen, der Versicherungsnehmer habe gegen Rechtspflichten verstoßen.

 

Lange Zeit war unklar, auf welche Tatsachen abzustellen ist, wenn es um die Feststellung eines solchen Rechtsverstoßes geht. Genügt die Darstellung des Versicherungsnehmers oder bedarf es einer umfassenden rechtlichen Prüfung? Die Sichtweise des Versicherungsnehmers und des potentiellen Gegners kann sehr unterschiedlich sein und die Sichtweise einer Gegenseite diejenige des Versicherungsnehmers durchaus entkräften. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in den letzten Jahren Klarheit geschaffen und entschieden, dass es für die Beurteilung allein auf die Sichtweise des Versicherungsnehmers ankommt, während die Darstellung des jeweiligen Gegners außer Betracht bleibt. Geht es also um den Rechtsverstoß eines anderen, ist allein auf die Sicht des Versicherungsnehmers auf den Stand der Dinge abzustellen. Geht es um einen Rechtsverstoß, den ein anderer behauptet, ist ebenfalls auf die Sichtweise des Versicherungsnehmers abzustellen, um zu ermitteln, ob der Rechtsverstoß zu Unrecht behauptet wird.

 

In einer Entscheidung vom 31.03.2021 hat der BGH zusätzlich klargestellt, dass von dieser Beschränkung auf die Sichtweise Versicherungsnehmers nicht durch Versicherungsbedingungen abgewichen werden darf. In dem entschiedenen Fall hatte der Rechtsschutzversicherer in seinen Versicherungsbedingungen festgeschrieben, dass für die Feststellung des Rechtsschutzfalls alle Tatsachen zu berücksichtigen sind, die der Versicherungsnehmer und sein Gegner vortragen. Der BGH sieht in dieser Regelung eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, weil ein Versicherungsfall für ihn schwerer zu bejahen ist als nach den allgemeinen Regeln. Die Klausel ist daher für unwirksam und ungültig erklärt worden (BGH, Urteil vom 31.03.2021, IV ZR 221/19).

 

Unser Ansprechpartner für Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.