Schleichwerbung: Influencer müssen auf Bezahlung hinweisen

29

Nov.
2021

Schleichwerbung: Influencer müssen auf Bezahlung hinweisen

erstellt von Dr. Frank Markus Döring

In den sozialen Medien tummeln sich viele, die versuchen, andere Teilnehmer zu beeinflussen - mitunter politisch, weit häufiger jedoch beim Konsumverhalten. Dabei wird keine klassische Werbung betrieben, sondern Anschauungen und Produkte werden in Alltagsberichte eingebunden. Den Teilnehmern erscheint der Influencer als "einer von uns", dessen Entscheidungen man deshalb leichter vertraut. Dabei lässt sich aber für die Teilnehmer regelmäßig nicht unterscheiden, ob der Influencer etwas aus seinem echten Alltag zeigt oder ob z.B. bestimmte Produkte in Absprache mit dem Hersteller gezielt zu Werbezwecken gezeigt werden. Solche verdeckte Werbung kann als Schleichwerbung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig sein und Unterlassungsansprüche auslösen.

 

Das UWG ist allerdings nur anwendbar, wenn zunächst einmal eine sogenannte geschäftliche Handlung vorliegt. Und gerade das ist bei Influencern schwer zu erkennen. Wird ein Produkt gezeigt, kann das aus echter eigener Begeisterung passieren. Dann handelt es sich um eine private Meinungsäußerung und keine geschäftliche Handlung.

 

Das UWG fordert, dass bei einer geschäftlichen Handlung auf einen vorhandenen kommerziellen Zweck hingewiesen wird. Im Prinzip ergeben sich bei Aktivitäten von Influencern für den Juristen daher drei Stufen, auf denen sich die Handlung bewegen kann: Erstens die private Stufe, zweitens die Stufe der geschäftlichen Handlung und drittens die Stufe der geschäftlichen Handlung mit kommerziellem Zweck. Wann allerdings bei einem Influencer einerseits keine private Äußerung mehr vorliegt, andererseits aber auch noch kein kommerzieller Zweck, ist schwer zu definieren.

 

Auf diese Abgrenzungsprobleme hat der Gesetzgeber reagiert und in das UWG eine ab Ende Mai 2022 geltende Regelung aufgenommen, nach der bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens generell vom kommerziellen Zweck ausgegangen wird. Kann der Influencer belegen, dass er keine Gegenleistung erhalten hat, entfällt der kommerzielle Zweck.

 

Für Klarheit hat außerdem der Bundesgerichtshof (BGH) gesorgt, der Anfang September 2021 in mehreren Entscheidungen, darunter dem in der Presse viel behandelten Fall Cathy Hummels, Kriterien für die Abgrenzung definiert hat. So stellt der BGH zunächst fest, dass Influencer schon dann ein eigenes Unternehmen betreiben, wenn sie nur das eigene Image vermarkten und durch Werbeeinnahmen kommerzialisieren. Ein Instagram-Profil fördert dieses Unternehmen, indem es der Imagepflege, dem Aufbau der eigenen Marke und durch das Gewinnen von Followern der Steigerung des Werbewerts dient.

 

Bei einer Handlung zugunsten eines anderen Unternehmens liegt nach den Maßstäben des BGH eine geschäftliche Handlung jedenfalls dann vor, wenn dieses Unternehmen eine Gegenleistung erbringt. Ist das nicht der Fall, wird die Abgrenzung zwischen privater und geschäftlicher Handlung mitunter schwierig. Der Bundesgerichtshof hatte sich dabei vor allem mit der Bewertung von sogenannten "tap tags" zu befassen. Tap tags sind Bereiche in einem auf Instagram veröffentlichten Bild, die beim Antippen sichtbar werdende Verknüpfungen zu anderen Instagram-Accounts enthalten.

 

Nach Auffassung des BGH führt allein die Verwendung solcher tap tags noch nicht dazu, dass zwingend eine geschäftliche Handlung vorliegt, selbst wenn darüber der Auftritt eines Herstellers oder Händlers verlinkt ist. Entscheidend ist, ob sich aus dem Gesamtbild des Postings ein "Werbeüberschuss" ergibt. Das ist der Fall, wenn der tap tag keinen erkennbaren Bezug zu dem Inhalt des Postings hat. Der notwendige Bezug wird meist fehlen, wenn der Bericht über ein Produkt mit einem direkten tap tag zum Shopping-Account des Herstellers verbunden wird.

 

Liegt ein kommerzieller Zweck vor, kommt es darauf an, welche Anforderungen an die Kenntlichmachung dieses Zwecks zu stellen sind. Der BGH fordert, dass der werbliche Charakter auf den ersten Blick erkennbar sein muss, auch für Kinder und Jugendliche. Hinweise in einem Fließtext genügen demnach nicht, eben so wenig ein im Textteil des Postings platzierter Hinweis: „*Werbung: gibt's ab morgen neu im Shop“. Andererseits muss ein Influencer nach Auffassung des BGH nicht ausdrücklich darauf hinweisen, dass er mit seiner gesamten Tätigkeit sein eigenes Unternehmen fördert. Das wüssten die Follower ohnehin. Und: Die Prüfung des kommerziellen Zwecks hat für jeden Beitrag einzeln zu erfolgen. Der Umstand, dass ein Influencer regelmäßig wirbt, sehr bekannt ist oder viele Follower hat, führt nicht dazu, dass deshalb zwingend jedes Posting als kommerziell anzusehen ist.

 

Unser Ansprechpartner für Wettbewerbsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.