Vorzeitiges Erbe: Bei der Überlassung von Immobilien gibt es viel zu beachten

08

Mär.
2023

Vorzeitiges Erbe: Bei der Überlassung von Immobilien gibt es viel zu beachten

erstellt von Claudia Arndt

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Das Bedürfnis, bereits zu Lebzeiten Immobilien zu übertragen, entsteht aus unterschiedlichen Motiven. Das Vermögen soll im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zum Beispiel bereits auf die Kinder übertragen werden. Dabei gibt es Folgendes zu beachten:

 

1. Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge:

Die steuerlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG können alle 10 Jahre genutzt werden. Dies kann insbesondere bei Konstellationen, in denen mehrere Immobilien vorhanden sind, sinnvoll sein.

 

2. Vorbehalt eines Nutzungsrechtes:

Der Immobilien-Schenker kann sich im Rahmen des Vertrages ein Wohnungsrecht oder einen Nießbrauch vorbehalten. Der Unterschied zwischen diesen beiden Nutzungsrechten ist oft nicht bekannt. Der Nießbrauchsberechtigte verliert zwar die Veräußerungsmöglichkeit der Immobilie, behält aber die Wohn- und Vermietungsmöglichkeit. Bei der Vereinbarung eines Wohnungsrechtes verbleibt dem Schenker lediglich das Recht, die Immobilie selbst zu bewohnen. Daher sollten auch Regelungen für den Fall getroffen werden, was passiert, wenn das Wohnrecht nicht mehr ausgeübt werden kann, zum Beispiel wenn der Berechtigte in ein Pflegeheim umziehen muss.

 

3. Rückforderungsrechte:

Es kann sinnvoll sein, dass sich der Schenker Rückforderungsrechte einräumen lässt. Klassischerweise ist dabei an die Fälle zu denken, in denen der Beschenkte die Immobilie ohne Zustimmung des Schenkers belastet oder veräußert. Denkbar ist auch ein Rückforderungsrecht für den Fall der Insolvenz des Beschenkten oder aber für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker verstirbt.

 

4. Risiko der gesetzlichen Betreuung:

Problematisch können auch die Fälle werden, in denen der Beschenkte oder der Schenker selbst geschäftsunfähig werden und einer rechtlichen Betreuung bedürfen. Sodann mischt ein fremder Dritter als gesetzlicher Betreuer mit. Dies ist von den Beteiligten oft nicht gewünscht. Dieses Risiko kann durch den Einsatz von Vorsorgevollmachten gemindert werden.

 

5. Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche:

Vielen ist bekannt, dass die Schenkungen der letzten 10 Jahre bei der Berechnung von Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüchen zu berücksichtigen sind. Vielfach unbekannt ist jedoch, dass diese 10-Jahres-Frist nicht zu laufen beginnt, wenn man sich zum Beispiel ein Nießbrauchsrecht an der Immobilie vorbehält. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Schenker in diesen Fällen die wirtschaftliche Substanz der Immobilie weiterhin vollumfänglich nutzt und lässt daher den Lauf der 10-Jahres-Frist nicht beginnen. Dies ist bei einem vollumfänglichen Wohnungsrecht über sämtliche Teile des Gebäudes ebenso.

 

In diesem Zusammenhang muss auch betont werden, dass die 10-Jahres-Frist zwischen Eheleuten grundsätzlich nicht zu laufen beginnt, solange die Ehe nicht geschieden wird.

 

Im Ergebnis kann eine Übertragung einer Immobilie zu Lebzeiten sinnvoll sein. Vor einer entsprechenden Gestaltung sollte jedoch umfassender rechtlicher Rat in Anspruch genommen werden.

 

Unsere Ansprechpartner für Erbrecht: Rechtsanwalt und Notar Dr. Torsten Emmerich und Rechtsanwältin Claudia Arndt.