Mai.
2020
Datenschutz versus Wettbewerbsrecht: Double Opt-In reicht nicht als Einwilligung in Telefonanrufe
Wer Werbung per E-Mail oder Telefon verbreiten möchte, benötigt dafür eine Einwilligung des Adressaten. Nur die Werbung mit normaler Post ist sowohl datenschutzrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich ohne Einwilligung erlaubt.
Die Datenschutz-Grundverordnung sieht die Möglichkeit einer elektronisch erteilten Einwilligung vor. Die Einwilligung muss aktiv erfolgen, beispielsweise durch das Setzen eines Häkchens in einer Klickbox. Das würde grundsätzlich für die elektronisch erteilte Einwilligung ausreichen. Da die Datenschutz-Grundverordnung gleichzeitig fordert, dass der Werbende die Einwilligung jederzeit nachweisen können muss, ist letztendlich aber nur das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren datenschutzkonform. Bei diesem Verfahren erhält der Betroffene nach dem aktiven Betätigen der Klickbox eine Bestätigungsnachricht, die er rückbestätigen muss. Erst wenn die Rückbestätigung erfolgt ist, gilt die Einwilligung als erteilt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (VG) Saarlouis in einer Entscheidung vom 29.10.2019 (Az. 1 K 732/19) soll die so erteilte Einwilligung jedoch nicht ausreichen, um Telefonanrufe des Werbenden zu erlauben. Das VG hatte zu entscheiden über eine Klage des Werbenden gegen die Datenschutzbehörde, die wegen Datenschutzverstößen Löschungsanordnungen erteilt hatte. Diese Anordnungen befand das VG für rechtmäßig. Das Double-Opt-In Verfahren sei nur geeignet, um die Einwilligung in die Benutzung einer E-Mail-Adresse zu dokumentieren. Durch das Verfahren mit Bestätigungsmail und Rückbestätigung sei sichergestellt, dass die Erklärung tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stamme. Hingegen gebe es zwischen einer Bestätigungs-E-Mail und einer Telefonnummer keinen Zusammenhang, so dass dieses Verfahren für die Bestätigung einer Telefonnummer nicht geeignet sei.
Das VG lässt sich leiten von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), der im Jahr 2011 zu einem wettbewerbsrechtlichen Fall festgestellt hatte, dass das Double-Opt-In-Verfahren nicht geeignet sei, um die Einwilligung in Telefonanrufe nachzuweisen. Durch das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung habe sich daran nach Auffassung des VG Saarlouis nichts geändert. Die Verordnung definiere zwar das Werbeinteresse als berechtigtes Interesse, das die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtfertigen könne. Ein Interesse könne aber nur dann als berechtigt gelten, wenn es mit sonstigen Rechtsvorschriften im Einklang stehe, die nun einmal die Einwilligung in Werbeanrufe forderten.
Die Entscheidung des VG Saarlouis ist falsch. Werbeanrufe sind datenschutzrechtlich zulässig. Das bedeutet allerdings keinen Freibrief für Werbeanrufe, denn sie bleiben wettbewerbsrechtlich verboten. Da es in dem vom VG entschiedenen Fall um eine Maßnahme der Datenschutzbehörde ging, hätte die Klage des Werbenden jedoch Erfolg haben müssen.
Die Datenschutz-Grundverordnung hat für die Verarbeitung von Daten für die Werbung eine Liberalisierung mit sich gebracht. Im Erwägungsgrund 47 wird die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung ausdrücklich als „eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung" bezeichnet. Dieses berechtigte Interesse ist einer der Gründe, der eine Verarbeitung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung des Betroffenen rechtfertigt.
Dennoch sind Werbeanrufe ohne Einwilligung des Adressaten in Deutschland nicht erlaubt. Das liegt indessen nicht am Datenschutzrecht, sondern am Wettbewerbsrecht, das in § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Werbung per Telefon, Fax und E-Mail für unlauter erklärt, in die der Adressat nicht vorher eingewilligt hat. Um diese Einwilligung ging es auch in dem vom VG Saarlouis heran gezogenen Fall des BGH.
Das VG stellt dann für seine Entscheidung nicht auf die datenschutzrechtliche Lage ab, sondern meint, dass datenschutzrechtlich nicht erlaubt sein könne, was wettbewerbsrechtlich verboten sei. Dabei verkennt das VG allerdings, dass Ansprüche wegen eines Wettbewerbsverstoßes nur von Mitbewerbern, Kammern und Verbänden geltend gemacht werden können, nicht aber von einer Datenschutzbehörde. Daher muss zwischen der datenschutzrechtlichen und der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung sauber unterscheiden werden.
Unser Ansprechpartner für Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.