Dez.
2020
Wird die Abmahnwelle gebrochen?

Wer gewerblich im Internet unterwegs ist, hat eine Vielzahl von Informationspflichten zu beachten. Wer sich darum nicht kümmert, kann schnell abgemahnt werden. Für Abmahner ist es leicht, Verstöße be-quem vom heimischen Schreibtisch aus durch einfache Lektüre von Websites aufzuspüren. Eine Großzahl von Abmahnungen betrifft folgerichtig „Bagatellverstöße“ wie Fehler im Impressum oder bei der Angabe von Preisen.
Der Gesetzgeber hat eine Reihe von Änderungen vorgenommen, um die Abmahnmöglichkeiten einzu-schränken. Nachdem der Bundesrat zugestimmt hat, werden die Änderungen in Kürze in Kraft treten. Folgende Neuerungen gibt es:
1. Beschränkung der Erstattung von Abmahnkosten
Die Verpflichtung, die Rechtsanwaltskosten der Gegenseite tragen zu müssen, soll nach dem neuen Gesetz nicht mehr gelten, wenn Verstöße gegen Informationspflichten und Kennzeichnungspflichten im Internet abgemahnt werden. Als sicher angesehen werden kann daher, dass bei Verstößen gegen Pflichtangaben im Impressum zukünftig keine Kosten mehr verlangt werden können. Ob hingegen die Verpflichtung, bei der Werbung mit einer Garantie die Garantiebedingungen anzugeben, als „gesetzli-che Informationspflicht“ im Sinne der Neufassung verstanden werden kann, ist schon zweifelhaft.
Neu geregelt wird auch, dass bei Verstößen gegen Datenschutzvorschriften für Unternehmen mit we-niger als 250 Mitarbeitern keine Kostenerstattung verlangt werden kann.
2. Beschränkungen der Vertragsstrafe
Bei Verstößen, für die keine Erstattung der Abmahnkosten verlangt werden kann, darf vom „Verletzer“ auch nicht gefordert werden, dass er in seiner Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe verspricht, wenn es sich um den ersten Verstoß handelt und das Unternehmen weniger als 100 Mitarbeiter hat. In Fällen, in denen eine Vertragsstrafe versprochen wurde, darf bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern beim ersten Verstoß eine Vertragsstrafe von nicht mehr als EUR 1.000,00 verlangt wer-den, wenn niemand konkret beeinträchtigt wurde.
3. Formelle Anforderungen an die Abmahnung
An die Abmahnung werden einige formelle Anforderungen gestellt, u. a. muss genau angegeben wer-den, für wen abgemahnt wird. Werden die formellen Voraussetzungen nicht eingehalten, hat der Ab-gemahnte allein deshalb einen Anspruch darauf, dass ihm seine Kosten der Rechtsverteidigung erstat-tet werden.
4. Wegfall des „fliegenden Gerichtsstands“
Galt bisher für wettbewerbsrechtliche Verfahren wegen Verstößen im Internet, dass der Abmahnende sich das Gericht aussuchen konnte, bei dem er gegen den „Verletzer“ vorgeht („fliegender Gerichts-stand“), darf zukünftig nur noch am Sitz des „Verletzers“ geklagt werden.
5. Organisatorische Anforderungen an Abmahner
Die organisatorischen Anforderungen an den Abmahner werden erhöht. Mitbewerber müssen zukünftig nachweisen, dass sie ernsthaft und dauerhaft am Markt tätig sind. Das Geschäftsmodell des eher hobbymäßig betriebenen Onlineshops, der fast aus allen Kategorien Waren anbietet, um dadurch möglichst viele Mitbewerber abmahnen zu können, ist damit erledigt.
Wirtschaftsverbände, zu deren satzungsmäßigen Aufgabe auch die Hütung des Wettbewerbs gehört, müssen sich zukünftig in eine Liste anerkannter Einrichtungen eintragen lassen. Wirtschafts- wie Ab-mahnvereine müssen außerdem einige Anforderungen erfüllen, u. a. mindestens 75 Mitglieder haben, bevor ein Abmahnrecht entsteht.
Unser Ansprechpartner für Wettbewerbsrecht: Rechtsanwalt Dr. Frank Markus Döring.