Dez.
2021
Hausbau - Bauunternehmen insolvent…was nun?

Man hat sich gefreut, dass man ein Grundstück ergattern konnte und das Glück hatte, ein Bauunternehmen zu finden, dass Zeit für das eigene Bauvorhaben hatte und das seine Leistungen auch noch zu einem in die Finanzierung passenden Preis angeboten hat. Doch dann gehen die Bauarbeiten nicht mehr voran, Ihr Bauunternehmen reagiert auf Anrufe nicht mehr, Material wird nicht mehr angeliefert und Subunternehmer kommen nicht mehr auf die Baustelle und es drängt sich auf, dass Ihr Bauunternehmen insolvent sein könnte.
1.
Nun sollte Ihre erste Veranlassung das unverzügliche Aufsuchen eines im Baurecht tätigen Rechtsanwalts sein, der Sie anhand des aktuellen Stands des Baus berät was zu tun ist. Dies sollte zwingend geschehen bevor sie selbst weitere Veranlassungen treffen, wie bspw. in Panik den Bauvertrag zu kündigen oder unter Umgehung des insolventen Bauunternehmens Verträge mit den Subunternehmern zu schließen. Diese ohne rechtliche Beratung getroffenen Veranlassungen können sich in der Situation der Insolvenz später als falsch herausstellen und Ihnen erhebliche finanzielle Schäden zufügen.
Die Insolvenz des Unternehmens lässt den Bauvertrag nicht reflexartig „entfallen“ oder unwirksam werden. Dieser Irrglaube kann schwerwiegende Konsequenzen haben.
Der erste Blick ist dem geschlossenen Bauvertrag zu widmen, um die Grundlagen des Vertrags zu prüfen. Die Reaktions- und Lösungsmöglichkeiten von dem Vertrag können in einem VOB/B-Vertrag andere sein als in einem Bauvertrag oder in einem Verbraucherbauvertrag des BGB. Gibt es einen insolventen Bauträger, was die Situation aufgrund des noch beim Bauträger vorhandenen Eigentums, nicht selten erschweren kann? Oder ist es tatsächlich Ihr Generalbauunternehmer, der sich in der Insolvenz befindet oder handelt es sich in Wirklichkeit „nur“ um einen Subunternehmer, mit dem Sie gar kein Vertragsverhältnis haben. Die Situation muss genau analysiert werden.
2.
Als nächstes ist zwingend herauszufinden, ob das Unternehmen nur nicht bauen will, weil zwischen den Vertragsparteien bereits eine rechtliche Auseinandersetzung über Mängel oder Abrechnungen schwelt und das Unternehmen nun lediglich versucht, über den Baustopp Druck auf Sie auszuüben oder ob das Unternehmen aufgrund fehlender finanzieller Mittel faktisch nicht mehr weiterbauen kann und rechtlich ggfs. bereits gehindert ist selbst noch Entscheidungen zu treffen.
Relativ einfach findet man über das Portal „Insolvenzbekanntmachungen.de“ heraus, ob der Vertragspartner selbst wirklich einen Insolvenzantrag sein Vermögen betreffend gestellt hat oder ob Gläubiger entsprechend tätig geworden sind. Spätestens an dieser Stelle dürften Sie auf die rechtliche Beratung angewiesen sein, um die Informationen des Portals bewerten zu können. Es kommt auf den Status des Insolvenzverfahrens an und welche Veranlassungen das Insolvenzgericht getroffen hat. Befindet man sich noch im Eröffnungsverfahren des Insolvenzverfahrens mit der Anordnung und Bestellung eines „schwachen Insolvenzverwalters“ mit begleitenden Masse sichernden Anordnungen des Gerichts, in dem der Insolvenzverwalter grundsätzlich noch nicht der richtige Ansprechpartner ist und keine Entscheidungen treffen kann. Oder ist das Insolvenzverfahren bereits formell eröffnet und ein „starker“ Insolvenzverwalter bestellt? Dann kann im Grunde nur noch dieser Ihr Ansprechpartner sein.
3.
Ist es Ihr Vertragspartner, der sich in der Insolvenz befindet, muss geklärt werden, welchen Stand das Bauvorhaben erreicht hat, wie weit sind Leistungen erfüllt worden und welche Arbeiten stehen noch zur Erfüllung aus. Hat es ggfs. bereits die im Baurecht häufig als „Dreh- und Angelpunkt“ bezeichnete Abnahme gegeben und stehen noch Mängel zur Beseitigung aus? Ist die Gegenseite wegen der verzögerten Bauaktivität noch in der Erfüllungsphase unter Fristsetzung zur Erfüllung aufgefordert worden? Welcher Zahlungsstatus ist gegeben? Ist der Bauherr - vielleicht auch bedingt durch die Liquiditätsschwierigkeiten des Unternehmens - in die für ihn nachteilige Vorleistung von Zahlungen gegangen oder ist lediglich nach einem Zahlungsplan geleistet worden und der entsprechende Stand des Zahlungsplans ist auch auf der Baustelle erreicht, was deutlich vorteilhafter sein wird.
4.
Nach dieser Aufklärung des Sachverhalts wird es in der Regel um die richtige Weichenstellung und nicht selten um eilbedürftige Entscheidungen gehen, welche Veranlassungen zu treffen sind, welche Erklärungen gegenüber wem abzugeben sind und welche Rechte ausgeübt und welche Ansprüche geltend gemacht werden müssen. Ist das Insolvenzverfahren bereits formell eröffnet wird häufig die (einzig) richtige Entscheidung sein, den Insolvenzverwalter zur unverzüglichen Erklärung aufzufordern, ob er den Vertrag erfüllen will oder nicht.
Vor übereilten Kündigungen aufgrund der Insolvenz ist zu warnen. Zum einen ist eine Kündigung ggfs. gar nicht wirksam aussprechbar, weil bspw. der Insolvenzverwalter aufgrund des Verfahrensstandes zu Erklärung über die Erfüllungsabsicht aufgefordert werden muss oder aber die Kündigung allein aufgrund der Insolvenz des Unternehmens ist gemäß der vertraglichen Grundlage gar nicht oder nur in engen Grenzen möglich. So sieht die VOB/B eine Kündigungsmöglichkeit wegen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens zwar vor; die Ausübung dieser Kündigungsmöglichkeit ist nach den Vorgaben der Rechtsprechung aber nur unter engen Voraussetzungen möglich. Hingegen ist die Kündigung im Falle eines BGB-Vertrages nur aufgrund einer Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ohne die Schaffung weiterer Voraussetzungen oder nicht ohne schwerwiegende Pflichtverletzungen des Auftragnehmers möglich.
Auch muss die Art der Kündigung und das Vorliegen Ihrer Voraussetzungen sorgfältig geprüft werden. Eine Kündigung aus wichtigem Grunde hat beispielsweise die Abrechnungsmöglichkeit nur der tatsächlich erbrachten Leistung zur Folge. Wird die Kündigung demgegenüber „frei“, ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, ausgeübt oder wird die Kündigung aus wichtigem Grunde mangels tatsächlichen Vorliegens eines solchen Grundes zur „freien“ Kündigung, kann der Unternehmer die vereinbarte Vergütung abrechnen und muss sich nur die ersparten Aufwendungen abrechnen lassen. Dies kann ein großer Unterschied für den Bauherren darstellen.
Ein Beispiel ist, dass der Bauunternehmer kurz vor der Insolvenz die Bautätigkeit mangels finanzieller Leistungsfähigkeit verlangsamt oder gar einstellt und letztlich anregt, das eigentlich bei ihm beauftragte Leistungen direkt zwischen Bauunternehmer und Subunternehmer erbracht und zur Abrechnung gebracht werden sollen. Das ist sowohl für den Subunternehmer als auch für den Bauherren gefährlich, weil der Insolvenzverwalter dies als vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung werten und Rechtshandlungen anfechten könnte, was faktisch dazu führen könnte, dass der Bauherr an den Subunternehmer geleistete Zahlungen nochmal an den Insolvenzverwalter zu erbringen hätte, was natürlich fatale finanzielle Folgen haben kann.
Die baurechtlichen Grundlagen und meist komplexen insolvenzrechtlichen Fragestellungen sollten rechtlich bewertet werden. Unser Ansprechpartner für privates Baurecht: Rechtsanwalt Jan-Hendrik Thomsen.