Verbraucher-Bauvertrag: Ja oder nein?

27

Sep.
2023

Verbraucher-Bauvertrag: Ja oder nein?

erstellt von Jan-Hendrik Thomsen

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Die Bauwirtschaft ist derzeit aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation am Markt (Baupreise, Inflation) von starken Auftragsrückgängen betroffen. Dies betrifft in aller erster Linie den Neubau von Häusern, aber auch bauliche Einzelmaßnahmen an Bestandsgebäuden. Doch einige Verträge werden noch abgeschlossen und viele Verträge „laufen noch“. Kommt es in diesen Verträgen zu rechtlichen Auseinandersetzungen beispielsweise im Zusammenhang mit der Art und dem Umfang der Leistungen, der Dokumentation und den zu erstellenden Unterlagen oder aber der Vergütung, stellt sich dem Bauherrn die Frage, welche Rechte er ausüben kann bzw. welche er eigentlich hat. Nicht bei allen vertraglichen Grundlagen ist dies immer auf den ersten Blick ersichtlich.

Bereits seit dem 01.01.2018 gibt es für den Hausbau durch einen Verbraucher gesetzliche Regelungen, die diesem einem besonderen Schutz bieten sollen. Der Gesetzgeber hat den Verbraucherbauvertrag in den Regelungen der §§ 650i ff. BGB kodifiziert. So ist im Rahmen eines Verbraucherbauvertrages dem Verbraucher zum Beispiel eine Baubeschreibung auszuhändigen, wenn nicht der Verbraucher oder eine von ihm beauftragte Person, beispielsweise ein Architekt, die wesentlichen Planungsvorgaben gemacht hat. Die Aushändigung der Baubeschreibung soll den Verbraucher in die Lage versetzen nachvollziehen zu können, welche Leistungen er erwarten kann. Auch sind verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. zur Dauer der Bauausführung zum Inhalt des Vertrages zu machen, sodass der Bau für den Verbraucher besser planbar wird. Dem Verbraucher steht zudem ein Widerrufsrecht zu, wenn der Vertrag nicht notariell beurkundet wurde, was für den Verbraucher weiteren Schutz bedeutet.

Doch wann liegt ein solcher Verbraucherbauvertrag vor? Gemäß § 650i Abs. 1 BGB sind Verbraucherbauverträge Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Allerdings bildete sich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in der Rechtsprechung relativ schnell der Streit heraus, wann ein solcher Verbraucherbauvertrag vorliegt bzw. ob ein Verbraucherbauvertrag auch dann vorliegt, wenn nicht lediglich ein Bauunternehmen mit der Erstellung des neuen Gebäudes oder den erheblichen Umbaumaßnahmen ganzheitlich und alle Gewerke betreffend beauftragt wurde, sondern ein Bauunternehmen lediglich ein Gewerk im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes übernimmt oder mehrere Bauunternehmen mit mehreren Gewerken beauftragt werden. Wenig nachvollziehbar war es, warum der Verbraucher weniger schutzwürdig sein sollte, wenn er mehrere Bauunternehmen mit den einzelnen Leistungen beauftragt, als wenn er an ein Bauunternehmen alle Gewerke vergibt.

Diese Frage hat der BGH mit seinem Urteil vom 16.03.2023 nun entschieden:

„Um einen Vertrag mit einem Verbraucher, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird (Verbraucherbauvertrag iSv § 650 i I Var. 1 BGB), handelt es sich nicht, wenn sich der Unternehmer nur zur Herstellung eines einzelnen Gewerks verpflichtet, das im Rahmen des Baus eines neuen Gebäudes zu erbringen ist.“ (NZBau 2023, 375)

Der BGH hat sich also dahingehend entschieden, einen Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB) nur dann anzunehmen, wenn der Bau des gesamten Gebäudes durch ein Bauunternehmen ausgeführt wird. Dies wird in der Literatur stark kritisiert, da Regelungen zum Schutz des Verbrauchers bei der Vergabe an mehrere Gewerke zur Erstellung eines Hauses nicht zur Anwendung kommen und der Schutz des Verbrauchers erheblich sinkt.

Insbesondere in diesen Zeiten sollte der Verbraucher daher einmal mehr gut abwägen, ob er verschiedene Gewerke an verschiedene Unternehmen vergeben möchte und er sich so den Schutz der verbraucherrechtlichen Regelungen nimmt, gleichzeitig aber das zu tragende Insolvenzrisiko der Unternehmen verteilt oder aber doch den Schutz der verbraucherrechtlichen Regelungen wünscht, das Insolvenzrisiko aber auf einen Vertragspartner konzentriert.

Unser Ansprechpartner für privates Baurecht: Rechtsanwalt Jan-Hendrik Thomsen.